Quelle: WESTFALEN BLATT / www.westfalen-blatt.de / Kerstin Panhorst
Halle-Künsebeck (WB). Ein verspätetes Abschiedsgeschenk machte Christian Stephan nun seiner Gemeinde. Der argentinische Pfarrer hatte sich Ende März nach zwei Jahren von seinem Pfarrbezirk Künsebeck verabschiedet und eine neue Stelle in Paraguay angetreten.
Am Mittwoch gaben dank seiner Kontakte zwei südamerikanische Gitarristen auf ihrer Europatournee, die nach Berlin, Zürich und Salzburg führt, auch ein Konzert in Künsebeck.
Mehr als 100 Besucher kamen zum Auftritt von Vito Krüger und Danilo Alvarado, die sich 2009 bei einem Gitarrenfestival in Asunción kennengelernt haben. »2011 waren wir beide für vier Monate in Berlin und haben viel zusammen gespielt, wir waren das Duo ‚Fahrkarte‘«, erzählt Krüger dem Publikum. Nun ließen die beiden diese Zeiten wieder aufleben mit gemeinsamen Interpretationen von Egberto Gismontis »Água e Vinho« oder auch einem musikalischen »Stück vom Himmel«.
Frei von den Klischees südamerikanischer Musik, die in der deutschen Wahrnehmung sonst scheinbar nur zwischen peruanischer Panflötendudelei und Tango-Variationen von Astor Piazzolla zu existieren scheint, zeigen Krüger und Alvarado eine Welt voller melancholischer, verträumter Klänge, voller emotionaler Wucht und Zartheit zugleich. Dabei spürt man ihrem Spiel ihre Virtuosität an, erfrischender weise ergehen sich die beiden Instrumentalisten aber nicht in einer übertriebenen Vorführung ihrer Fingerfertigkeiten und unbestreitbaren Fähigkeiten, sondern nehmen sich zurück und lassen alleine die gespielten Noten wirken. Fast schüchtern sitzen sie da und verschwinden hinter den Korpussen ihrer Gitarren, machen sich klein und die Töne groß.
Zunächst spielte jeder einen Solo-Teil, in dem das Publikum wunderbar die unterschiedlichen Persönlichkeiten der beiden Musiker erkunden konnte. Der in Buenos Aires geborene und seit seinem zweiten Lebensjahr in Paraguay lebende Vito Krüger nimmt als erster Platz in der kleinen liebevoll dekorierten Oase inmitten des Künsebecker Gemeindehauses. Nur von zwei kleinen Strahlern und Kerzen beleuchtet zupft er die ersten Saiten an und verleitet direkt zum Träumen. Zart und schwebend erschafft er die leichten Klänge, die unmittelbar Bilder vor dem inneren Auge erschaffen, er verleiht ihnen eine cineastische Perspektive und kreiert aus den Tönen ganze Geschichten. Das macht der 29-Jährige mit seiner Eigenkomposition »Nostalgias«, ebenso gut wie mit seiner Interpretation von Máximo Pujols »Septiembre«. Nach dem als Professor für klassische Gitarre arbeitenden Krüger darf Danilo Alvarado ebenso sein Können zeigen. Der 34-Jährige spielt mit mehr Nachdruck, mehr Verve und impulsiver als Krüger, aber auch der seit September 2017 an der Zürcher Hochschule der Künste im Master Pädagogik studierende und neben einer umfassenden Konzerttätigkeit auch in der Musikschule Burgkirchen an der Alz unterrichtende Alvarado konnte das Publikum verzaubern, unter anderem mit der »Etüde 11« von Heitor Villa-Lobos und »Valseana« von Sergio Assad.