»Wir wollten, dass Sie Farbe bekennen. Das ist mit unserem Antrag gelungen«, zog Grünen-Ratsherr Frank Winter das eigenwillige Fazit einer Diskussion um vorzeitigen Flächenerwerb in einem potenziellen neuen Industriegebiet an der Tatenhausener Straße. Politisch jedoch gab es für die Grünen bei dem Thema eine klare Abfuhr.
Bekanntlich hat die Stadt Halle für das kreisweite Gewerbe- und Industrieflächenkonzept zwei Potenzialflächen in Künsebeck gemeldet, eine kleinere am Künsebecker Weg (fünf bis acht Hektar groß) sowie eine größere an der Tatenhausener Straße (bis zu 44 Hektar groß). Bei der Abstimmung im Rat vor einigen Monaten gaben die Grünen vielen kritischen Bürgern insbesondere aus Künsebeck eine Stimme. Als jetzt öffentlich wurde, dass die Stadt eine größere, aber nicht näher bezifferte, Grundstücksfläche an der Tatenhausener Straße bereits gekauft hat, obwohl laut Ratsbeschluss die mögliche Umsetzung eines neuen Industriegebietes doch frühestens ab 2025 vorgesehen sei, sahen die Grünen Anlass zum politischen Stopp. Die Bevölkerung gewinne das Gefühl, dass ihnen von der Politik etwas vorgegaukelt werde, dass ein verlogenes Spiel im Gange sei, begründete Jochen Stoppenbrink im Haupt- und Finanzausschuss den Antrag, in der laufenden Wahlperiode keine Grundstücke zu erwerben. Denn solche Grundstückskäufe machten es als Vorwegnahme späteren politischen Generationen schwer, eigene Entscheidungen zu treffen.
Gegen den Grünen-Antrag sprach sich nicht nur die Verwaltung in ihrer Vorlage aus. Deutliche Abgrenzungen kamen auch von allen anderen politischen Gruppierungen im Ausschuss. Wolfgang Bölling (SPD) widersprach der Grünen-Behauptung, dass Halle Spitze beim Flächenverbrauch sei. Die Arbeitsplätze in Gewerbegebieten seien eine wichtige Lebensgrundlage für die hier lebenden Menschen. Im übrigen betreibe die Stadt keine Grundstückspolitik, sondern die Flächen seien vom Eigentümer selbst angeboten worden, meinte Bölling. In diesem Fall sei es nur fair, den Eigentümern bereits einen Preis zu zahlen, der sich an Gewerbegebietspreisen orientiere.
Ähnlich argumentierte Thomas Tappe (CDU). Die Stadt wolle und müsse Zukunftsoptionen wahren, da dürfe man sich Kaufgelegenheiten nicht entgehen lassen. »Vor 2025 soll dort nichts passieren. Dazu stehen wir«, fügte Tappe noch an. Dieser Aussage pflichtete auch Karl-Heinz Wöstmann (UWG) bei, der sich zudem gegen eine Blockadepolitik aussprach. Klaus-Peter Kuntze (FDP) lehnte es ab, dass sich die Stadt ihrer Möglichkeiten und Chancen selbst beschneide. Man müsse sich die Optionen offenhalten.
»Wir haben wohl ein unterschiedliches Verständnis von Nachhaltigkeit«, konstatierte zum Abschluss Frank Winter. »Nachhaltig wäre es, jetzt inne zu halten. Es geht nicht um eine Blockade-, sondern eine Überlebenspolitik für Halle«, sagte der Grüne.