Diskussion um den Flächenverbrauch
Gepostet in Allgemein von am 03. Dezember 2015 Tags: A 33, Allgemeines, Ravenna-Park
Halle. Die Diskussion kam wie aus dem Nichts und doch spiegelte sich in ihr das Dilemma wieder, in dem Halle steckt. Die Mitglieder des Bau- und Verkehrsausschusses wollten nur die Posten des Haushaltsplanentwurfs für 2016 abhaken – und plötzlich stritten sie um die grundsätzliche Ausrichtung der Wirtschaftspolitik.
Das Zündholz für die Debatte lieferte Dieter Jung von den Haller Grünen. Er beantragte, die eingeplanten Mittel zur Erschließung eines weiteren Abschnittes für das Gewerbegebiet Ravenna-Park komplett zu streichen. Dabei hatte Eckhard Hoffmann von der Stadtverwaltung zuvor noch berichtet, dass die Erschließung 2016 und 2017 nur 230 000 statt 530 000 Euro kosten werde. Grund: Eine Gasleitung muss anders als geplant doch nicht verlegt werden. Doch Jung ging es nicht ums Geld: „Wir gehen mit den Flächen um, als seien sie unendlich. Es reicht für uns!“ Wieder verschwänden fünf Hektar – dabei habe die Bezirksregierung einst dem Ravenna-Park nur zugestimmt, wenn diese Fläche frei bliebe.
Jürgen Keil, allgemeiner Vertreter von Bürgermeisterin Anne Rodenbrock-Wesselmann, hielt dagegen: „Wir haben damals schon die Entwicklung der gesamten Fläche beantragt – übrigens auch mit Ihren Stimmen“, sagte er in Richtung der Grünen. „Jetzt setzen wir einen Beschluss des Rates um – und wir haben nun auch ein Gutachten, das belegt: Das angrenzende Wasserschutzgebiet würde durch eine Erweiterung nicht beeinträchtigt.“ Man habe die Fläche erworben, um sie zu entwickeln, so Keil. „Da gibt es auch Partner aus Werther und Gütersloh. Denen können wir ja jetzt nicht sagen: April, April!“ Thomas Tappe von der CDU versuchte die Debatte zu entschärfen: „Wir stimmen für die Erweiterung. Aber wir sind mittlerweile auch so weit, zu sagen: Bei künftigen Entwicklungen brauchen wir Augenmaß.“ Stefan Gornikiewicz von der SPD gab sich pragmatisch: „Wenn wir irgendwo eine Chance auf Entwicklung haben, dann hier.“ Und eben diese Sichtweise behagte den Grünen nicht: „Die gleichen Argumente hören wir bei der nächsten Fläche auch, die versiegelt werden soll“, warf Michael Brune ein. Der Antrag der Grünen wurde trotzdem bei nur zwei Ja-Stimmen abgelehnt
Berufskolleg
Kommentar
Haller Erweiterungspläne
Zeit für eine Weichenstellung
VON MARC UTHMANN
Von Realismus waren die Vorstöße der Grünen nicht geprägt. Es waren Schaufensteranträge, um ein Zeichen zu setzen. Dass sich dennoch eine halbstündige Debatte entspann, zeigt, wie sensibel das Thema Grenzen des Haller Wachstums mittlerweile behandelt wird. Selbst die CDU spricht von „Augenmaß“ bei der künftigen Entwicklung, alle Parteien wissen, wie sehr die derzeitigen Umbrüche die Bürger belasten. Den Flächenverbrauch in Halle per Beschluss auszusetzen, wäre wirtschaftspolitisch fraglos das falsche Signal. Doch dass ein Konzept, die Stadt langfristig lebenswert zu erhalten, vonnöten ist, hat die Diskussion einmal mehr bewiesen.
Bei den Haushaltsmitteln für den Bebauungsplan südlich des Berufskollegs ging die Debatte weiter. „Dass wir hier eine Bebauung einplanen, ist doch nicht ergebnisoffen. Dabei ist beschlossen worden, dass wir über Alternativen diskutieren“, bemängelte Dieter Jung und beantragte ebenfalls die Streichung der Mittel in Höhe von 430.000 Euro für 2016 und 2017.
Hintergrund ist der politische Kompromiss, dass die alternative Gestaltung einer Grünfläche zumindest weiter diskutiert und die Öffentlichkeit intensiv beteiligt werden soll. „Wir müssen aber handlungsfähig bleiben – der Prozess ist doch ergebnisoffen“, entgegnete Bürgermeisterin Anne Rodenbrock-Wesselmann. Jürgen Keil warf den Grünen Realitätsferne vor: „Hier nicht und da nicht. Überhaupt kein Wachstum mehr – da verschließen Sie doch die Augen vor der Wirklichkeit.“ Auch dieser Antrag der Grünen wurde abgeschmettert – die grundsätzliche Fragestellung aber stand im Raum.